Die Rollizunft
Die Nachbarn nennen unser, unter dem Hohenhewen gelegenes Dorf, „Lang-Welschingen“. Darüber sind wir ihnen nicht böse, denn man geht von einem zum anderen Ende gut und gerne 30 Minuten.
Doch haben unsere Nachbarn auch mit anderen Übernahmen nicht gespart, die nun das örtliche Fasnachtsbrauchtum bereichern.
Auch in Welschingen hat man wie anderorts im Hegau Fasnet getrieben, seit es Fasnet nur gibt. Einst zogen junge Männer in Stroh gehüllt durch das Dorf um als Strohmann, mit den Kindern bei den wohlhabenderen Bürgern mit dem Spruch:
„Des isch en brave Ma, wenn er uns ebis gibt!“ Dürrobst, Brot, Eier und vielleicht auch einmal ein Stück Speck zu betteln. Die Kinder mussten einen uralten Fasnetspruch rufen, der offensichtlich auf die Spottnamen der Welschinger „Relling“, „Rolli“ und „Buebe-Rolli“ zielte:
„Hierum, hierum, Mädele
s Kätzle hät e Wädele,
hät e Löchle obä druf
Narro!"
Dieser Strohmann verjagte früher den Winter, vertrieb die Hexengeister, rief den Frühling herbei und doch wurde der arme Kerl zum Schluß der Fasnet verbrannt.
Im Jahre 1890 gesellte sich zum Strohmann als zweite Fasnetfigur der Radaumann.
Er verkörperte den früheren Adler-Wirt Franz Wenger, einen stattlichen Mann, der mit Kettengerassel und großem Krach durch das Dorf ging.
So blieb es bis ins Jahre 1906. Damals tat sich ein Narrenverein zusammen. Von Siegfried Scheu, dem ersten Vorstand und Narrenschreiber stammt der erste Satz im Narrenbuch, das Peter Stich gestiftet hatte: „Es wird ledig geblieben und weitergesoffen“.
Spenden von einer Mark pro Mitglied erbrachten den ersten Kassenbestand, der gleich noch am alten Fasnetsunntig in köstliches Nass umgewandelt wurde.
Aus dem Narrenbuch geht im übrigen hervor, dass bis zum Jahre 1922 der Narrenbaum abwechselnd von den beiden Gastwirten zum „Adler“ und „Bären“ gestiftet und von den Narren am Schmutzigen Donnerstag aufgestellt worden ist.
Von da ab schenkte die Gemeinde der Narrenzunft einen Narrenbaum. Seit 1922 wird am Schmutzigen Donnerstag das Fasnachtsprogramm ausgerufen und abends ein Hemdglonkerumzug veranstaltet. Bis 1925 fand ein weiterer,
alljährlicher Umzug am Fasnachtsdienstag, seit 1926 am Fasnachtsmontag statt, der sich früher besonderer Vorliebe bei den Welschinger erfreute.
Die letzte Ausprägung erhielt die Welschinger Fasnet 1953, als der jetzige Ehrenzunftmeister Arnold Wikenhauser zum Narrenvater gewählt wurde. Damals begann eine Zeit lebhafter und fruchtbarer Auseinandersetzungen über die
Fortbildung und Vertiefung des heimatlichen Fasnetbrauchtums, wobei man vor allem eine Beziehung zu dem Welschinger Spottnamen suchte. Alle Nachforschungen schienen ergebnislos zu bleiben, bis es sich herausstellte, dass die
Welschinger "Rellinge" einst liebestolle Männer gewesen sein sollen, weshalb sie die Nachbarn "Rolli" nannten. So kam es (auch im Hinblick auf den erwähnten Spruch „Hierum, hierum Mädele...“) zur Schaffung der Figur des „Rolli“
und des "Rolli-Kätzchens" durch Holzbildhauer Josef Tränkle in Elzach. Zum ersten mal konnten am 11. November 1955 die beiden neuen Figuren von dem Nachtwächter mit Horn, Laterne und Hellebarde verkleideten Zunftmeister gezeigt werden.
An der Fasnet 1956 traten der Strohmann, der Radaumann, der Rolli und das Rolli-Kätzchen sowie der Nachtwächter zusammen vor die Öffentlichkeit mit der Wirkung, dass sich nun der Narrenverein in die Rolli-Zunft verwandelte.